Unsere erste Lieferung direkt in die Ukraine - Bericht von Moritz

Ich dachte, ich habe schon einen Eindruck von der der Situation in der Ukraine, aus den Nachrichten, Erzählungen und meinen Erfahrungen aus Polen. Aber was mich dort erwarte, war dann doch ganz anders.

Wir sind morgens in Polen aufgebrochen, um rechtzeitig in der Ukraine zu sein. Die Straße dorthin ist gut zu fahren, aber um so näher man der Grenze kommt, desto weniger ist los. Die letzten 30 min haben wir fast kein Auto mehr gesehen. Erst wieder 1,5 km vor der Grenze, denn ab hier war Stau - genauer gesagt, nichts ging mehr voran. Wir haben 2 Stunden gewartet und sind keinen Meter gefahren. Wir haben dann beschlossen zu einer kleineren Grenze zu wechseln. Dort ging es dann schneller, es waren auch nur 20 Autos vor uns. Trotzdem brauchten wir weitere 2,5 h.

Endlich in der Ukraine angekommen waren wir in einer ganz anderen Welt. Alle paar Kilometer eine Straßensperre und Soldaten, die um eine Feuertonne stehen und sich wärmten. Umgeben von Sandsäcken, Autoreifen und selbstgeschweißten Straßenblockaden. Schon hier merkt man, dass in diesem Land Krieg herrscht und das noch nicht mal 5 km hinter der Grenze.

Nachdem wir dann ein paar Sachen in einer Auffangstation für Hunde abgeliefert haben, sind wir weiter nach Lemberg (Lwiw) gefahren. Die Straßensperren wurden häufiger und die Situation bedrückender. In Lemberg angekommen sind wir bei einem Bekannten von einer Bekannten von mir untergekommen. Das Haus wirkte von außen sehr heruntergekommen und nicht besonders schön. In der Wohnung drinnen war es dann komplett anders. Eine wunderschöne Wohnung, wie der Ukrainer uns sagte, vor dem Krieg frisch renoviert. Die Farbeimer standen noch rum, denn seit Kriegsbeginn war keine Zeit und keine Energie mehr gewesen, diese wegzuräumen.

Das erste, was uns auffiel, waren gepackte Rucksäcke im Eingangsbereich. Wir wurden auch sofort aufgeklärt, warum diese da stehen. 2-3 Mal täglich gibt es hier einen Raketenalarm. Das bedeutet, dass alle Menschen in Luftschutzbunker oder provisorische Bunker sollen. Und das seit Kriegsbeginn manchmal mehrmals täglich. Mit dieser Situation hatten wir nicht gerechnet. Auch wir sollten schauen, dass wir unsere Sachen immer gepackt haben, um diese sofort mitnehmen zu können, wenn der Alarm losgeht.

Trotz der Situation war es für die Familie wie selbstverständlich, für uns nachts um 11 noch zu kochen und wir wurden sehr herzlich empfangen und umsorgt. Für uns war es eine sehr komische Situation, denn es könnte jeden Moment der Alarm losgehen, aber wir sollten bestens versorgt sein. Uns wurde eine unfassbare Dankbarkeit entgegengebracht für das was wir tun. Für mich war es aber eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Mir wurde einmal mehr bewusst, wie sehr die Menschen hier auf Hilfe angewiesen sind.

Unsere Nacht verlief dann relativ ruhig.

Am nächsten Morgen sind wir dann gegen 8 Uhr aufgebrochen Richtung Rivne. Nach einiger Zeit hielten wir an einer Tankstelle für eine kurze Pause. Auch hier war eine große Dankbarkeit zu spüren, eine Frau segnete uns und wünschte uns viel Glück auf unserer weiteren Fahrt.
Bei der Weiterfahrt bemerkten wir die vielen abgemagerten Hunde an den Parkplätzen. Meist noch mit Halsband, da sie auf Grund der Situation von ihren Besitzern ausgesetzt wurden oder werden mussten. Wir hielten an und fütterten einige der Hunde. Fast alle waren sehr zutraulich und man merkte, dass sie an Menschen gewöhnt sind. Schweren Herzens setzten wir nach ein paar Minuten unsere Fahrt fort.

Nach ca. 3 h sind wir dann in Rivne angekommen und wurden dort sehr herzlich von drei Mädchen empfangen, die für den Ecoklub Rivne arbeiteten. Sie waren überwältigt, wie viel wir dabei hatten. Sie haben die Hilfsgüter in den folgenden Tagen in kleine Teile aufgeteilt und den Weitertransport in den Osten des Landes organisiert. Nachdem wir alles in ihr provisorisches Lager, das mal ihr Büro war, ausgeladen hatten, wurden wir noch zum Essen eingeladen. Wieder eine dieser für uns komischen Situationen. Man bringt Hilfsgüter, um dem Land zu helfen, aber ein Nein zu einer Einladung zum Essen wird nicht akzeptiert.

Danach haben wir unser Auto dann noch mit selbst mitgebrachtem Diesel betankt, da die Situation an den Tankstellen sehr eingeschränkt ist. Meist gibt es nur eine Art Kraftstoff und die auch nicht für jeden. In den kommenden Wochen wird der Kraftstoff noch knapper werden, da wichtige Öllager und Raffinerien zunehmend bombardiert werden.

Gegen 16 Uhr machten wir uns auf den Heimweg. Nach 23h Fahrt sind wir dann am nächsten Nachmittag Zuhause in Deutschland angekommen. Die Verarbeitung unserer Eindrücke wird aber sicher noch länger dauern.

Die Situation vor Ort hat uns gezeigt, wie sehr die Ukraine auf Hilfe angewiesen ist. Bitte helft uns, möglichst viel benötigte Sachen in die Ukraine zu bringen. Eine Liste der benötigten teils sehr lebenswichtigen Dinge findet ihr hier.

Vielen Dank,

Moritz & Michael

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