Ein Bericht unserer 4. Tour nach Polen und die Ukraine
Letzten Donnerstagabend (28.4.) ging es los - erst Richtung Polen und dann in die Ukraine nach Riwne. Für mich war es die erste Tour direkt in die Ukraine hinein. Entsprechend angespannt war ich auch in der Ungewissheit, was mich dort wirklich erwarten wird.
Nach 10 Stunden Fahrt sind wir dann in Polen an unserem Zielort angekommen und konnten alle Hilfsgüter für die neue Flüchtlingsunterkunft bei Bielawa an unsere Partnerorganisation von Rafał Łacny und Mateusz Wiśniewski übergeben.
Mittags ging es dann für zwei unserer noch voll beladenen Transporter weiter Richtung Grenze der Ukraine. Die beiden anderen inzwischen entladenen Transporter machten sich am nächsten Morgen dann auf den Rückweg nach Deutschland. Danke an euch für die tolle Unterstützung unserer Bedürftigen in Polen!
Der Grenzübertritt war trotz des "Green Passport" langwierig und aufwändig. Doch ohne hätten wir wahrscheinlich 2 Tage in dem kilometerlangen Stau gestanden. Gefühlt dauerte es in dem regulären Stau 5-10 Minuten pro Fahrzeugabfertigung. Grund ist unter anderem, dass der Verkauf von Fahrzeugen aus der EU in die Ukraine steuerlich vereinfacht wurde. Daher standen dort unglaublich viele Kleintransporter mit Hänger – voll beladen mit Fahrzeugen für die Ukraine.
Die Fahrt weiter Richtung Riwne hat sehr viel in mir bewegt und ließ einige meiner Befürchtungen wahr werden. Regelmäßige Straßensperren mit schwer bewaffnetem Militär und Polizeibeamter. Hinzu kamen offensichtlich einige Zivilisten, die die Arbeit der anderen unterstützen. Und dann der intensive Schutz der an die Fernstraßen angrenzenden Orte – jede Seitenstraße war verbarrikadiert mit Betonblöcken, Sandsäcken, Metall-Blockaden und Stacheldraht, sodass immer nur maximal ein Fahrzeug rein oder rausfahren kann. Natürlich auch hier immer wieder einige bewaffnete Personen – das war der erste richtig intensiv reale Eindruck vom Krieg für mich.
In Riwne angekommen wurden wir aufs herzlichste empfangen und es flossen einige Tränen. Der Grund war nicht nur die Dankbarkeit über die finanzielle bzw. materielle Unterstützung bzw. ein Wiedersehen, sondern vor allem die Tatsache, dass wir wieder so viele Kilometer, so viel Zeit, so viel Energie auf uns nehmen, um unsere Solidarität und Unterstützung für die Ukrainer:innen zu zeigen. Das haben wir den ganzen Tag immer wieder zu hören bekommen – „wie unglaublich schön, dass wir hier in der Ukraine nicht allein gelassen werden!“
Wir haben das Lager unserer Partnerorganisation „Help for Rivne“ (www.help-for-rivne-ukraine.org) mit unseren reichlichen Hilfsgütern (Nahrungsmittel, medizinische Produkte, Hygieneartikel, etc.) befüllt und sind anschließend zur örtlichen Feuerwehr gefahren, um dort 30 Vollausstattungen von zwei freiwilligen Feuerwehrstationen aus dem Münchner Westen zu übergeben. Diese gehen in stark betroffene Gebiete der Ukraine, um dort zeitnah in der Brandbekämpfung und Trümmerbeseitigung eingesetzt zu werden.
Ein ganz besonderes Hilfsgut war dieses Mal ein Ultraschallgerät, dass uns von einer Kinderarztpraxis gespendet wurde. Professionell verpackt durch eine Taufkirchner Logistikfirma war dies bereits am nächsten Tag auf dem Weitertransport zu einer bedürftigen Klinik in einem anderen Teil der Ukraine.
Die Arbeit war getan und die Zeit bereits sehr fortgeschritten … Zeit für ein Abendessen, zu dem uns unsere Partnerorganisation einlud. Auf dem Fußweg dorthin, ging dann plötzlich der Luftalarm los. Ich glaube, dieses Gefühl hat sich eingebrannt in mir. Sofort ging mein Blick nach oben, doch dort war natürlich nichts zu sehen. Dann fragte ich einen ukrainischen Kollegen, was das jetzt bedeuten würde. Er sagte, dass irgendwo eine Rakete auf die Ukraine abgeschossen wurde und noch keiner weiß, wohin diese fliegt. Daher geht der Alarm großflächig in einem vermuteten Flugkorridor los und wird erst dann wieder regional beendet, wenn dort die Gefahr vorüber zu sein scheint. Da unser Lokal eh in einem Keller war, konnten wir dort gut unterkommen. Ansonsten leerten sich die Straßen recht schnell, aber ohne wahrnehmbare Hektik. Und diese Situation haben diese armen Menschen mehrmals täglich? Ich finde das ganz schrecklich und bedrückend!
Nach einem doch dann ganz schönen Abend mit sehr interessanten Gesprächen mit unseren ukrainischen Kollegen sind wir nach zwei sehr kurzen Nächten zuvor relativ früh ins Bett gegangen – die Rückfahrt ab 6 Uhr des nächsten Tages stand ja noch bevor.
Auf der Rückfahrt haben wir vor der Grenze noch einen Zwischenstopp bei einem ganz herzlichen und engagierten jungen Mann gemacht, der sich um zurückgelassene Hunde kümmert. In der Hoffnung, dass diese wieder zu ihren Besitzern zurückkehren können oder ansonsten möglichst schnell neue Besitzer finden. Dafür hat er sich auf einem Grundstück mit einem Wohnhaus und Lagerhalle eingemietet, wo er sich sehr intensiv um eingesammelte Hunde (auch aus Butcha etc.) und abgegebene Hunde liebevoll kümmert. Er hat von uns noch Hundefutter und Diesel bekommen (Diesel ist derzeit in der Ukraine faktisch nicht zu bekommen) und ein paar Dosen Bier etc., worüber er sich sehr freute. Er war aber schon wieder auf dem Sprung nach Kiew, um dort weitere herrenlose Hunde zu holen.
Die Rückfahrt haben wir dann dieses Mal anders gewählt. Statt über Polen zu fahren, haben wir die Route über Tschechien und Österreich genommen. Das waren letztendlich 300 Kilometer weniger und doch recht anstrengend, weil wir 3 Fahrer auf 2 Transportern waren. Montagfrüh um 6 Uhr sind wir wieder heil und voller neuer Eindrücke nach Hause gekommen.
Alles in allem wieder eine sehr erfolgreiche Aktion, die nur mit der Unterstützung unserer vielen Helfer und Partner möglich war. Danke an euch alle!
Aktuell planen wir unsere nächste Tour für die Zeit vom 19. – 23. Mai
und bitten auch diesbezüglich um intensive Unterstützung mittels Sachspenden, finanziellen Mitteln
und einem Weitererzählen unserer Initiative!
Viele Grüße,
Matthias